Frühe Tendenzen zum Mehrspartenverein
Der Turnverein war breit aufgestellt und machte attraktive Angebote, um möglichst viele sportlich Interessierte an sich zu binden. Vor allem seit den 1880er Jahren bis zum Ersten Weltkrieg war im Verein auch über das Turnen der Aktiven hinaus einiges geboten. Da gab es – nachdem die bisherigen Bedenken gegen das Frauenturnen, gesundheitliche Schäden für die Frauen und sittliche Gefährdung der Zuschauer, etwa seit der Jahrhundertwende abgeklungen waren – eine 1905 gegründete „Damenriege“, kurz danach eine „Altherrenriege“. Auch „Volkstümliches Turnen“, der Vorgänger der Leichtathletik, wurde vereinzelt betrieben, ebenso „Wanderturnen“, was ja wohl nichts anderes war als Wandern, vielleicht angereichert mit der einen oder anderen gymnastischen Übung. 1897 wird im Jahresbericht erstmals eine „Radfahrerriege“ erwähnt.
Den größten Zuspruch fand aber wohl die bis kurz vor Kriegsausbruch bestehende „“Fußballriege“. In einer Vorstandssitzung vom 25. April 1910 wurde ihr „zur Sportplatzmiete ein einmaliger Betrag von 40 Mark bewilligt, außerdem die Mittel zur Anschaffung eines Fußballs“. Eigentlich war der Turnverein längst zu einem Mehrspartenverein geworden. Im Vorstandsgremium, dem Turnrat, saß je ein Vertreter aus den verschiedenen Riegen.
Aber es gab im Turnverein nicht nur sportliche Aktivitäten; er hatte schon früh auch ein kulturelles Angebot. In einem Protokoll der 1870er Jahre wird ein „Theaterclub“ erwähnt, dessen „Cassir“ sich über eine Geldspende freute. Im TSV-Archiv sind mehrere Texte von Theaterstücken aus der Zeit der Jahrhundertwende erhalten, überwiegend Lustspiele, die offenbar bevorzugt aufgeführt wurden. Auch von einer „Lesegruppe“ ist gelegentlich die Rede.
Seit 1884 bestand eine „Gesangsriege“, die am 13. November 1909 ihr 25-jähriges Bestehen mit einem Konzert feierte. Für die Sänger des Turnvereins gab es ein reichliches Liederangebot; im TSV-Archiv befinden sich zwei umfangreiche Liedersammlungen: das „Allgemeine Deutsche Turnerliederbuch“ aus dem Jahr 1858 und das „Deutsche Turnergesangbuch“ von 1913. 1898 kam sogar noch eine „Musikriege“ hinzu. Bei diesen vielfältigen musikalischen Aktivitäten konnte leicht eine gar nicht gewünschte Konkurrenz zu anderen Vereinen entstehen, z. B. zum seit 1844 bestehenden Männergesangverein „Liederkranz“. So lehnte denn auch die Vorstandschaft des Turnvereins einmal eine Bitte der Stadt um Mitwirkung der Gesangsriege bei einer kulturellen Veranstaltung mit der Begründung ab, für eine solche Veranstaltung sei der „Liederkranz“ der geeignetere Ansprechpartner.
Auch Faschingsveranstaltungen gab es im Turnverein; sie wurden Jahr für Jahr mit großem Aufwand vorbereitet und waren immer bestens besucht. Aus dem Jahr 1906 ist ein kleines Liederheftchen erhalten: „Karnevalslieder für den Turnverein Tauberbischofsheim“.
Unter den örtlichen Vereinen war es damals schon üblich, die „Karnevals- Angelegenheiten“ untereinander abzusprechen.Auch mit „Turnerkneipen“ wurde das gesellige Leben im Verein eifrig gepflegt.
Das Vereinslokal befand sich zumindest im ersten Jahrzehnt nach der Vereinsgründung in der Brauereigaststätte „Zum Engel“ hinter dem Rathaus, in unmittelbarer Nähe zur Brauerei des Franz Wohlfarth. Dies lässt sich einem aus jener Zeit stammenden Antrag auf Verlängerung der Polizeistunde entnehmen. In späterer Zeit wechselte man öfter das Lokal, um die Gaststätten der Stadt bei Veranstaltungen gleichmäßig zu berücksichtigen.
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